Mittwoch, 13. Januar 2016

Das Alleinsein lernen

Manchmal ist einfach niemand da, außer man selbst - und nicht jeder kommt mit dem Alleinsein gut zurecht.
Doch die Zeit ohne Kontakte kann vielleicht eine bessere Zeit werden. 

Alleinsein ist die Freude, einfach nur du zu sein – ohne jemand anderen. Du freust dich ab dir selber, du freust dich ab deiner eigenen Gesellschaft. 
(Osho)

Langsam perlt der Sherry in die Zinnbecher. Der Reihe nach wird allen an der langen Tafel eingeschenkt: Dem selbstbewussten Sir Toby, dem kurz angebundenen Admiral von Schneider, Mister Pommeroy mit der hohen Stimme und schließlich dem redseligen, aber nuschelnden Mister Winterbottom.
Dann stoßen sie an: auf das Wohl von Miss Sophie, die am Kopf des Tisches sitzt und heute 90 Jahre alt wird. Nur: Keiner dieser Herren ist wirklich anwesend.
Miss Sophie hat alle ihre Freunde überlebt. So sitzt sie allein am Tisch – und James, ihr treuer Diener, übernimmt die Rolle der einstigen Gefährten.
Dem Sherry folgt der Weißwein, dem Weißwein der Champagner, diesem folgt der Portwein. Beide wissen, dass die Feier eine Inszenierung ist – "the same procecure as every year", sagt Miss Sophie. Sie verlässt den Tisch satt und glücklich darüber, dass alles so war wie immer, und James sturzbetrunken – schließlich musste er für vier bechern.
"Dinner For One" ist ein Silvester-Klassiker in Deutschland und im Guinnessbuch der Rekorde eingetragen als am häufigsten wiederholte Sendung der Fernsehgeschichte.
Die betagte Miss Sophie aus der britischen Upperclass ist zweifellos ziemlich allein – so wie viele ältere Menschen, deren Familienmitglieder und Freunde nicht mehr leben. Doch sie ist nicht einsam: Sie feiert trotz allem ihren Ehrentag und findet, auf ihre eigene abstruse, aber charmante Weise, einen Weg, sich anderen Menschen verbunden zu fühlen.

Niemand will einsam sein. Dabei kann es so schön sein. Und zwar dann, wenn einsam sein nicht Einsamkeit, sondern Alleinsein bedeutet. 

Beide Wörter, Einsamkeit und Alleinsein, beschreiben oberflächlich die gleiche Situation. Dabei sind sie in der Realität genau das Gegenteil. 

Einsamkeit sagt: Ich fühle mich einsam. Ich brauche jemand anderen, um mich gut zu fühlen.
Alleinsein sagt: Ich bin alleine und fühle mich pudelwohl. Ich brauche niemand anderen, um glücklich zu sein.
Der Unterschied liegt also darin, mit welcher Perspektive du auf die Situation schaust.
Alleinsein ist dein natürlicher Zustand. Und er kann so erfüllend sein – wenn du bereit bist, ihn zuzulassen. 

Einsamkeit ≠ Alleinsein 
Du kommst alleine auf diese Welt, du lebst alleine und du stirbst alleine. Ein ganz einfacher Fakt. Und ein ganz natürlicher dazu. Du bist von Natur aus alleine. Niemand anders kann dein Sein teilen. In deinem Innersten gibt es nur dich und niemand anders.
Was für viele erstmal abschreckend klingt, ist in Wirklichkeit absolut herrlich. Denn dieser Fakt bedeutet, dass alleine in dir die Möglichkeit steckt, glücklich zu werden.
Du brauchst niemand anderen dazu. Du alleine bist genug – wenn du mit diesem Alleinsein richtig umgehen kannst.

Einsamkeit und Alleinsein beschreiben oberflächlich die gleiche Situation.
Der Unterscheid liegt darin, mit welcher Einstellung du diese Situation betrachtest. Einmal sagst du: Ich fühle mich schlecht und einsam, weil niemand da ist. Und ein andermal sagst du: Ich fühle mich gut und erfüllt, einfach nur mit mir selber. 

Einsamkeit entsteht durch einen negativen Geisteszustand.
Alleinsein durch einen positiven Geisteszustand. 

In Einsamkeit suchst du ständig nach dem anderen. Etwas fehlt dir. Du bist nicht bei dir selber und in Gedanken immer beim anderen. Ohne den anderen bist du unglücklich. Du suchst nach deiner Erfüllung außerhalb. Du bettelst nach dem anderen. Er soll dich glücklich machen. 
Alleinsein hingegen ist genau das Gegenteil von Einsamkeit. Es ist absolut erfüllend. Du bist glücklich und zufrieden einfach nur mit dir selber. Du brauchst niemand anders. Du hast dein Glück in dir selbst entdeckt. Du bist alleine und du bist dir genug. 

Einsamkeit bedeutet Abhängigkeit. Alleinsein bedeutet totale Unabhängigkeit. 

Viele Leute versuchen, das Loch, das sie in sich selbst verspüren, durch die Anwesenheit anderer Menschen zu füllen. Und es funktioniert. Wenn der andere da ist, fühlt man sich gut. Das Loch ist temporär geschlossen. Seine Anwesenheit erfüllt uns, wir fühlen uns verbunden. Zwei Minuten später aber, sobald die Person weg ist, hat man das gleiche Problem wie davor. Und dann meist noch schlimmer.
Die Person hat das Haus verlassen und schon weiß man nicht mehr weiter.
Was soll man jetzt tun? Jetzt, wo man alleine ist?
Man fürchtet sich vor dem Alleinsein, obwohl es das absolut Schönste sein kann.


Mit der Zeit merkte ich, wie mir dieses Alleinsein immer weniger ausmachte. Alleine aufstehen, alleine durch den Tag gehen, alleine ins Bett gehen. Kein Problem. Es schien so, als hatte sich mein Inneres mit der Situation abgefunden und pendelte sich nun auf einem neuen Level ein.
Auf einem Level, auf dem äußere Kontakte zwar schön, aber nicht unbedingt notwendig waren, um mich gut zu fühlen.
Ich entwickelte mich in dieser Zeit weg vom Gefühl der Einsamkeit hin zum Gefühl der unabhängigen Freiheit. Ich war mir selber genug. Ich brauchte niemand anders mehr. Es war zwar schön, wenn andere Leute da waren, aber sie waren nicht mehr absolut notwendig, damit ich mich gut gefühlt habe.
Ich habe gelernt, mich meiner eigenen Gesellschaft zu erfreuen. Und das können irgendwie nur wenige Menschen. Die meisten brauchen externe Stimulation. Sie brauchen den anderen, um glücklich zu sein. „Wenn er oder sie nicht da ist, geht es mir nicht gut.“
Dass diese Lebensart ungesund und belastend ist, muss ich wohl nicht weiter ausführen.

Was kann man nun tun, um diese gefühlte Einsamkeit in ein bestärkendes Alleinsein- und Unabhängigkeitsgefühl zu verwandeln?
Als erstes musst du die Fakten akzeptieren.
In deinem Inneren bist nur du, nur du alleine. Niemand anders kann dir helfen, glücklich zu werden. Erst wenn du das akzeptierst, kannst du langsam beginnen, dein Glück aus dir selber zu ziehen anstatt dich von einer externen Stimulation zur nächsten zu hangeln.

Einsamkeit entsteht dann, wenn du vor dem Alleinsein wegrennst, anstatt es zu akzeptieren. Denn du wirst immer nach dem anderen suchen, der dich glücklich macht.
Laufe nicht vor dir selber weg. Bleib stehen, mach die Augen zu und fühle in dich hinein. 
Verbringe jeden Tag etwas Zeit mit dir selbst. Und zwar nur mit dir selber. 
Gehe in dich. Fühle dieses Gefühl des Alleinseins. Fühle die Unabhängigkeit, die mit diesem Gefühl kommt. 

Am Schluss wirst du feststellen, dass du dir selbst genug bist.

Übe dich darin, allein zu sein. Jeden Tag, ein kleines bisschen. Geh in dich und verbinde dich mit deinem Inneren.
Wandern, Radfahren, Joggen, Lesen oder andere Freizeitbeschäftigungen, die man alleine genießen kann, helfen sehr dabei. Es ist auch schon genug, einfach still auf einer Bank zu sitzen und die Sonnenstrahlen zu genießen. Anderen hilft es, Tagebuch zu führen oder Beiträge für einen Blog zu schreiben.
Jeder weiß selbst, was gut ist.

So wirst du langsam aber sicher deine eigene, interne Glücksquelle anzapfen. Und wenn du das geschafft hast, dann wirst du nie wieder jemand anderen brauchen, um dich gut zu fühlen. 

Das ist die ultimative Freiheit. 

Es wird dir nicht nur im Beruf und im Familienleben weiterhelfen.
Der Umgang mit Kolleginnen und Kollegen, Familienmitgliedern, Freunden und allen Menschen in deinem Umfeld wird sich verbessern.

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